Jubiläumspreis des Böhlau Verlages Wien 2024

Markus Gneiß wird für seine Monographie Milites et clientes. Studien zu sozialen Gruppenbildungsprozessen innerhalb der (rittermäßigen) Klientel der Kuenringer vom 12. bis zum 14. Jahrhundert ausgezeichnet.

Die Kuenringer gehörten im ausgehenden 12. sowie im 13. Jahrhundert zu den politisch einflussreichsten und ökonomisch erfolgreichsten landesfürstlichen Ministerialen bzw. Landherren in Österreich. Sie verfügten über ausgedehnten herrschaftlichen Besitz, der vor allem im heutigen Niederösterreich, aber auch im heutigen Oberösterreich, in der Steiermark sowie im Grenzgebiet zur heutigen Tschechischen Republik verstreut lag, jedoch starke regionale Zentren ausbildete. Ab dem ausgehenden 12. Jahrhundert sind in der urkundlichen Überlieferung zunehmend Familien nachweisbar, die sich in diesen Regionen teilweise relativ eng an die Kuenringer banden. Das Buch fragt nach den Faktoren und Ausprägungen dieser Gruppenbindungsprozesse im Umfeld eines sozial und materiell höhergestellten Herrn. Dabei wird das Quellenkorpus (bestehend aus mehreren hundert Urkunden) aus zwei Blickwinkeln betrachtet: Zum einen werden die genannten Phänomene bei den rittermäßigen Familien, die Verbindungen zu den Kuenringern hatten, anhand mehrerer Analysekatego-rien vergleichend aufgearbeitet. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Fragen nach der Titelführung dieser Personen, der regionalen Verteilung der Klientel, den Funktionen und Ämtern, die diese Personen im Dienst ihrer Herren ausübten, sowie nach der Wappen- und Siegelführung. Eine zentrale Stellung nimmt außerdem die vergleichende Analyse der vertikalen sowie horizontalen Beziehungsgeflechte der untersuchten Familien und ihrer Mitglieder beiderlei Geschlechts ein. Sowohl die Bindungen an die Kuenringer als auch jene innerhalb der Klientelverbände werden untersucht.

Zum anderen bietet der zweite Teil des Buchs reiche prosopographische Materialien, welche die Grundlage für die Ausführungen im systematisch-analytischen Teil bilden und diese im Detail vertiefen. Das methodische Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Rekonstruktion mehrschichtiger Zusammenhänge innerhalb der untersuchten Familien, besonders von deren Besitzverteilung sowie von Verwandtschafts- und Beziehungsgeflechten. Durch die umfangreiche Einbettung der Ergebnisse in aktuelle Forschungsdiskussionen liefert die Studie zudem zahlreiche Anknüpfungspunkte an landes- und verfassungsgeschichtliche Themenfelder sowie an Fragestellungen der Historischen Verwandtschaftsforschung.

Der Preisträger

Markus Gneiß studierte Geschichte und Germanistik sowie das Masterstudium Geschichtsforschung, Historische Hilfswissenschaften und Archivwissenschaft an der Universität Wien; er ist Mitglied des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Seit 2014 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Zunächst war er dort in mehreren Drittmittelprojekten („Illuminierte Urkunden“, „Kaiser Sigismund und Bayern“) angestellt. Seit 2020 ist er am Institut für Mittelalterforschung für die Bearbeitung der Regesten Kaiser Maximilians I. (1493–1519) im Rahmen des Langzeit-projekts Regesta Imperii zuständig.