Harald Grobner wird für seine Forschungsleistungen auf dem Gebiet der automorphen Formen und ihrer Anwendungen auf dem Gebiet der Zahlentheorie ausgezeichnet.
Im Zentrum der mathematischen Forschung von Harald Grobner steht die Theorie der automorphen Formen und ihrer Anwendungen in der modernen Zahlentheorie. Automorphe Formen sind besondere, unendlich oft differenzierbare Abbildungen, die in ihrem speziellen Verhalten tiefliegende arithmetische Informationen enthalten. Einerseits erfüllen sie mehrere „Endlichkeitsbedingungen“, wie zum Beispiel, dass sie nicht zu schnell wachsen, oder auch, dass sie unendlich vielen partiellen Differentialgleichungen genügen, andererseits sind sie unter zahlentheoretisch brisanten Gruppen invariant. Aus der Kombination dieser beiden Eigenschaften erwächst ihre besondere Bedeutung für die Arithmetik.
Eine Anwendung automorpher Formen in der Zahlentheorie besteht in der Beschreibung so genannter „kritischer Werte von L-Funktionen“. L-Funktionen sind eine konzeptuelle und weitreichende Verallgemeinerung der Riemannschen Zeta-Funktion, in deren Nullstellen die Lösung der wohl größten und grundlegendsten (und seit 2500 Jahren offenen) Frage der Mathematik eingeschrieben ist: Die Verteilung der Primzahlen im Meer aller Zahlen. Automorphe Formen können nun dazu verwendet werden, Formeln für die Werte von L-Funktionen an kritischen Stellen anzugeben. In diesen Formeln wird der algebraische Anteil des L-Werts von seinem transzendenten getrennt (wobei man auf mysteriös-natürliche Weise stets auf die Kreiszahl Pi stößt!). Dass solche Formeln stets existieren, ist der Inhalt einer berühmten Vermutung von Deligne aus 1979, welche Grobner für eine große Klasse von L-Funktionen zusammen mit Harris und Lin in einer noch unveröffentlichten Arbeit bewiesen hat.
Eine andere zahlentheoretische Anwendung automorpher Formen liegt in ihrer eminenten Rolle in der Bestimmung der Kohomologie arithmetischer Gruppen. Diese kann man sich als bestimmte Gruppen von Matrizen vorstellen, welche ganzzahlige Eintragungen haben und Teil einer „umgebenden“ Lie-Gruppe sind. Es ist ein tiefliegendes Resultat von Franke, dass alle solche Kohomologieklassen durch automorphe Formen repräsentiert werden können. Darauf aufbauend konnte Harald Grobner in seiner Habilitationsschrift eine ganz allgemeine Beschreibung automorpher Kohomologie in niedrigen Graden geben.
Harald Grobner studierte Mathematik an der Universität Wien und an der Universität Pierre et Marie Curie in Paris. Danach war er Junior Fellow am Erwin Schrödinger Institut (Wien) und Träger eines Schrödinger-Stipendiums des FWF mit Aufenthalten an der Oklahoma State University (USA), dem Max-Planck-Institut für Mathematik (Bonn, Deutschland) und dem Institut de mathématiques de Jussieu (Paris). Seit 2013 ist er wieder an der Universität Wien tätig (permanente Stelle seit 2016), Habilitation 2014. Im Juni 2016 wurde ihm der START-Preis des FWF verliehen.