Richard G. Plaschka-Preis 2020

Andra-Octavia Cioltan-Drăghiciu wird für ihre Publikation „Gut gekämmt ist halb gestutzt”. Jugendliche im sozialistischen Rumänien, Studies on South East Europe, vol. 24, LIT 2019, ausgezeichnet.

Die Monographie „Gut gekämmt ist halb gestutzt“. Jugendliche im sozialistischen Rumänien zeigt anhand einer Vielzahl von historischen Quellen (Archivdokumente, Oral-History Interviews, Memoiren, Video- und Tonaufnahmen, Presseartikel), wie Jugendliche ihr Leben innerhalb der Grenzen des rumänischen sozialistischen Staates in der Periode der Ceaușescu Diktatur (1974-1989) gestalten konnten. Durch die Art der Quellen – institutionelle, mediale und persönliche – wird die Thematik aus dreifacher Perspektive behandelt: die offizielle-staatliche, die internationale und die gruppeninterne. Die Autorin zeigt, wie Heranwachsende ihre eigene Position in der Gesellschaft zwischen Propaganda und Selbstverwirklichung im Alltag verhandelten und welchen Diskursen bzw. Prägungen sie ausgesetzt waren.

Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass die Sozialistische Republik Rumänien kein totalitärer Staat im klassischen Sinne war, sondern durch das Einsickern westlicher Diskurse hinter den Eisernen Vorhang sehr wohl zu stillschweigenden bewussten oder zu unbewussten Konzessionen gezwungen wurde. Somit konnte unter bestimmten Jugendlichen eine imaginierte Gemeinschaft entstehen, die kulturell an der westlichen Rockmusik gebunden war und vom Regime als deviant empfunden wurde.

Außerdem wird geschlussfolgert, dass diese Generation nach 1989 zur gesellschaftstragenden Gruppe in Rumänien geworden ist und dass der langsame Transformationsprozess des Landes in eine Demokratie hauptsächlich der Mentalität geschuldet ist, mit der diese Generation sozialisiert wurde.

 

Die Preisträgerin

Andra-Octavia Cioltan-Drăghiciu hat das Diplomstudium Geschichte an der Universität Wien 2011 abgeschossen; sie promovierte 2016 im Fach Mitteleuropäische Studien - Geschichte an der Andrássy Universität Budapest. Während ihres Doktoratsstudiums war sie zu Forschungsaufenthalten u.a. in Cluj-Napoca (Nationalbibliothek und Nationalarchiv), in München und Budapest (Central European University, Open Society Archiv). Andra-Octavia Cioltan-Drăghiciu hatte zwischen 2016 und 2020 eine Stelle als Universitätsassistentin am Institut für Geschichte der Universität Graz.