Johann Wilhelm Ritter von Mannagetta-Preis für Medizin 2024

Juliane Winkler wird in Anerkennung ihrer Forschungsarbeiten zur Einzelzellanalyse bei Brustkrebs und deren möglichen Anwendungen in neuen antimetastatischen Immuntherapien ausgezeichnet.

Dank jahrzehntelanger Forschung haben sich die Behandlungsmöglichkeiten für Krebs stark verbessert. Dennoch bleibt Krebs für viele Patienten eine lebensbedrohliche Krankheit. Ein Hauptgrund dafür ist, dass aktuelle Therapien oft versagen sobald sich Krebs im Körper ausbreitet hat – ein Prozess, der als Metastasierung bezeichnet wird. Diese Tumorstreuung ist die Hauptursache für krebsbedingte Todesfälle.

Damit Krebs sich ausbreiten kann, müssen sich Tumorzellen vom ursprünglichen Tumor lösen, in das umliegende Gewebe eindringen, in den Blutkreislauf gelangen, die Reise zu anderen Organen überstehen und schließlich in einem neuen Wirtsorgan einen neuen Tumor bilden. Dabei müssen sie sich ständig an neue Bedingungen anpassen. Zudem ist kein Tumor homogen – er besteht aus vielen verschiedenen Krebszellen mit unterschiedlichen Eigenschaften. Auch andere, nicht-krebsartige Zellen im Körper spielen eine Rolle, da sie durch die Tumorzellen verändert werden, um das Krebswachstum zu fördern.  

Ein vielversprechender Ansatz in der Krebsbehandlung ist die Immuntherapie, die das körpereigene Immunsystem dabei unterstützt, Krebs zu bekämpfen. Diese Behandlungen funktionieren gut bei manchen Patienten, sind jedoch hauptsächlich auf den Primärtumor ausgerichtet. Leider unterscheiden sich Metastasen oft stark vom Ursprungstumor, und auch ihre Umgebung und die im Gewebe ansässigen Immunzellen sind anders. Dies ist einer der Gründe, warum Immuntherapien bei metastasiertem Krebs oft nicht wirken. Um Patienten mit metastasiertem Krebs eine Behandlungsperspektive zu geben, besteht ein enormer Bedarf besser zu verstehen, wie sich metastatische Zellen anpassen und mit ihrem neuen Umfeld interagieren.  

Mit ihrer Forschungsgruppe stellt sich Dr. Juliane Winkler dieser Herausforderung. Ihr Team entwickelte modernste Einzelzell-Technologien, mit der es möglich war einzelne Brustkrebszellen, die sich in die Lunge ausgebreitet hatten, zu untersuchen. Sie fanden heraus, dass metastatische Zellen sich stark von den ursprünglichen Tumorzellen unterscheiden. Außerdem stellten sie fest, dass bestimmte Eigenschaften den Tumorzellen helfen, sich besser zu verbreiten und in der neuen Umgebung zu überleben. Diese Erkenntnisse können dabei helfen, Patienten mit einem höheren Metastasierungsrisiko frühzeitig zu identifizieren und gezieltere Therapien zu entwickeln. Eine weitere wichtige Entdeckung war, dass sich die Immunzellen in der Lunge bereits verändert hatten, bevor Brustkrebszellen überhaupt im entlegenen Gewebe angekommen waren. Das bedeutet, dass der Primärtumor entlegene Gewebe auf eine Metastasierung vorbereitet und in seinem Sinne verändert. Dieses Wissen kann die Entwicklung neuer Therapien ermöglichen, die Metastasen verhindern, bevor sie entstehen – und damit Hoffnung für Patienten mit hohem Rückfallrisiko bieten.

Die Preisträgerin

Juliane Winkler ist Gruppenleiterin am Zentrum für Krebsforschung der Medizinischen Universität Wien. Dr. Winkler ist approbierte Apothekerin und promovierte an der Universität Heidelberg. Sie arbeitete lange Zeit in der University of California, San Francisco, an der Erforschung des Einflusses der Tumorheterogenität auf die Metastasierung sowie an der Umgestaltung metastatischer Nischen.

Dr. Winkler war Mitentwicklerin und Anwenderin innovativer Einzel-zell-Technologien (MULTI-Seq, Mitglied des Tabula Sapiens Konsortium). Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen für ihre wissenschaftlichen Leistungen (EMBO Long-Term Fellowship, AACR Scholar in Training Award u. a.) sowie für ihre Mentoring-Tätigkeit (Dean's Award of Excellence in Mentoring, lobende Erwähnung). In ihrer Forschungs-gruppe verwendet sie technologiegetriebene Systemonkologie-Ansätze, die zu bedeutenden Erkenntnissen über die komplexe Biologie der Metastasierung führen.