Auszeichnung der besten Publikation 2018

(Jubiläumsfonds der Stadt Wien für die ÖAW)

Marieke Brandt wird für ihre Monographie Tribes and Politics in Yemen. A History of the Houthi Conflict, Hurst & Company, London 2017, ausgezeichnet.

Tribes and Politics in Yemen erzählt die Geschichte des Houthi-Konflikts in der jemenitischen Provinz Sa‘dah im Norden des Jemen aus der Sicht der Stammesgesellschaft von Sa’dah. Der Houthi-Konflikt, der 2004 ausbrach und seitdem den Jemen in einen Strudel der Zerstörung und Gewalt gezogen hat, wird in den Medien häufig als Stellvertreterkrieg der Regionalmächte Saudi Arabien und Iran und damit als Bruchlinienkrieg zwischen Sunniten und Schiiten bezeichnet. Dieses Buch hingegen zeigt, dass der Houthi-Konflikt viel tiefer in der Geschichte der Provinz Sa‘dah verwurzelt ist als in der regionalen Konkurrenz zwischen Saudi Arabien und Iran. Die Ursprünge des Houthi-Konflikts müssen in den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Transformationen seit dem Bürgerkrieg in den 1960er Jahren und ihren Auswirkungen auf die lokale Gesellschaft gesucht werden, die von Stammesnormen und –traditionen domniniert wird. Tribes and Politics in Yemen zeigt, dass diese Entwicklungen von den 1960er Jahren bis heute von denselben Personen, Familien und Gruppen und deren Kämpfen um Ressourcen, Privilegien und Macht angetrieben werden.
Dieses Buch ist das Ergebnis jahrelanger sozialanthropologischer Feldforschung im Norden des Jemen, die unter schwierigsten Umständen stattfand. Diese minuziöse Aufarbeitung der Geschichte und der Hintergründe des Houthi-Konflikts unterstreicht die Bedeutung lokaler, persönlicher und nicht-ideologischer Faktoren in Jemens gegenwärtigem Krieg.  Mit ihren Arbeiten zu den tribalen Gesellschaften des Jemen knüpft Marieke Brandt an eine der ältesten Forschungstraditionen der ÖAW – die Erforschung Südarabiens – an, die mit den Namen Eduard Glaser, David H. Müller, Walter Dostal und Andre Gingrich verbunden ist.

Die Preisträgerin

Nach Abschluss ihres Doktoratsstudiums der Kulturwissenschaft an der Humboldt Universität Berlin lebte und arbeitete Marieke Brandt von 2003-2008 als Sprachstudentin und Mitarbeiterin der Entwicklungszusammenarbeit in Sana’a, Jemen. Seit 2011 ist Marieke Brandt wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialanthropologie der ÖAW. Derzeit ist sie Leiterin und Senior Researcher beim Projekt „Tribalism, Religious Radicalization, Fossil Energy, and the State: Deciphering Local Power Politics in Yemen´s Frontier Provinces Sa´dah and al-Jawf“ am Institut für Sozialanthropologie der ÖAW (im Rahmen des New Frontiers Groups Programme der ÖAW).