Johann Wilhelm Ritter von Mannagetta-Förderpreis für Medizin 2022

Anna R. Tröscher wird in Anerkennung ihrer Forschungen im Bereich der Medizinischen Neurowissenschaften und der Allergieforschung ausgezeichnet.

(Temporal lobe epilepsy with GAD antibodies: neurons killed by T cells not by complement membrane attack complex, Brain, Volume 146, Issue 4, April 2023, Pages 1436–1452, doi.org/10.1093/brain/awac404)

Temporallappenepilepsie (TLE) ist eines der Syndrome, das mit Antikörpern gegen das Synapsenprotein Glutaminsäure-Decarboxylase (GAD) in Verbindung gebracht wird. Die Immunpathogenese von GAD-TLE ist unklar, und die Immuntherapie oft wenig wirksam. Um die zugrunde liegenden Pathomechanismen zu verstehen, haben wir den Verlauf von 15 GAD-TLE-Patienten retrospektiv analysiert, die sich einer Schläfenlappenoperation unterzogen haben. Das Hirngewebe wurde mittels Immunohistochemie, Fluoreszenzmikroskopie und Transkriptom-Analysen auf entzündliche Mediatoren und neuronale Degeneration untersucht. Bei 10 Patienten traten mediotemporale Schwellungen und T2-Signalzunahmen auf, was zu einseitiger oder beidseitiger Hippokampussklerose führte. Alle Liquorstudien im ersten Jahr zeigten eine intrathekale Immunglobulin G-Synthese. Das Gewebe von Patienten in frühen Krankheitsstadien zeigte parenchymale Plasmazellen, aber keine Antikörper-vermittelte Schädigung der Neuronen. CD8+ zytotoxische T-Lymphozyten infiltrierten das Gewebe, was auf CTL-vermittelten Zelltod hinweist. Darüber hinaus konnten tissue-residente Memory-T-Zellen nachgewiesen werden, was auf eine in der Vergangenheit spezifische Epitoperkennung schließen lässt. Mit längerer Krankheitsdauer nahm die Lymphozytendichte ab. Die Transkriptom-Analyse zeigte eine erhöhte Repräsentation von 'T-Zell-Immunität' und 'Regulation von Immunprozessen' in frühen Fällen. Daraus lässt sich schließen, dass GAD-TLE-Patienten zu Beginn eine aktive entzündliche Phase durchlaufen, die hauptsächlich von zytotoxischen T-Zellen mediiert ist. Danach folgt eine scheinbar inaktive Phase mit anhaltenden Anfällen, vermutlich durch strukturelle Schäden in Form von Neuronenverlust im Schläfenlappen. Aufgrund der späten Diagnose ist eine Immuntherapie nicht mehr wirksam, da das Gehirn bereits dauerhaft geschädigt wurde. In Zukunft wären eine frühere Diagnose und schnelles therapeutisches Einschreiten wünschenswert.

Die Preisträgerin

Anna R. Tröscher studierte Biotechnologie an der FH Krems sowie der Veterinärmedizinischen Universität Wien. 2019 promovierte sie an der Medizinischen Universität Wien am Department für Neuroimmunologie, Zentrum für Hirnforschung, mit einem Fokus auf immun-mediierte Epilepsie. Nach einem Postdoc an der Sektion für translationale Epilepsie, Universitätklinik Bonn, finanziert von der Alexander von Humboldt Stiftung, arbeitet sie nun an der Johannes Kepler Universität und der Kepler Universitätsklinik Linz, wo sie in der Abteilung für Neurologie der Medizinischen Fakultät die neurologische Grundlagenforschung am Zentrum für medizinische Forschung aufbaut.