Johann Wilhelm Ritter von Mannagetta-Preis für Medizin 2023

Andreas Pollreisz wird in Anerkennung seiner Forschungen zur altersbedingten Makuladegeneration und zur diabetischen Retinopathie ausgezeichnet.

Die Sehfunktion beruht auf der morphologischen Integrität der Netzhaut (Retina). Beim Menschen findet sich eine funktionelle Einheit von Photorezeptoren mit dem direkt anliegenden retinalen Pigmentepithel. Netzhautveränderungen im höheren Lebensalter sind charakterisiert durch Ablagerungen von Lipiden direkt unterhalb des retinalen Pigmentepithels. Diese sind das Hauptmerkmal der altersbedingten Makuladegeneration, die bei Millionen von Menschen alleine in der EU zu einem Verlust des Sehvermögens führt.

Mit seiner Forschungsgruppe hat Andreas Pollreisz unter Verwendung einer neuartigen 3D-Elektronenmikroskopie-Technologie die Schnittstelle zwischen retinalem Pigmentepithel und Photorezeptoren erstmalig untersucht. Dabei konnten in menschlichen Spenderaugen wichtige ultrastrukturelle Details identifiziert werden. Diese sind sowohl als Erklärung physiologischer und pathologischer Sehprozesse, für die Entwicklung von Therapeutika als auch für die klinische Netzhautbildgebung von Relevanz. Weiters konnten in zellbiologischen Studien Mechanismen aufgedeckt werden, wie Lipide angiogenetische und entzündliche Prozesse in retinalen Pigmentepithelzellen auslösen.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt von Andreas Pollreisz ist das Gebiet der Optischen Kohärenztomographie (OCT), eine Methodik, mit der in vivo die Netzhaut nicht-invasiv und kontaktlos als Schnittbild dargestellt werden kann. Diese Untersuchung wird angewandt für die Diagnostik einer Vielzahl von Netzhauterkrankungen wie z.B. der altersbedingten Makuladegeneration oder der diabetischen Retinopathie. Andreas Pollreisz und sein Team verwenden OCT-Prototypen, um unterschiedliche Bereiche der Netzhaut von der Stelle des schärfsten Sehens bis in die Netzhautperipherie hin zu untersuchen. Unter zusätzlicher Verwendung von Adaptiver Optik zur Erhöhung der OCT-Bildauflösung können beispielsweise spezifische Netzhautstrukturen wie einzelne Photorezeptoren oder das retinale Pigmentepithel bei Gesunden und Kranken dargestellt und analysiert werden.

Mit ihren Arbeiten leisteten Andreas Pollreisz und sein Team wichtige Beiträge zum Verständnis von Netzhautmorphologie und Sehfunktion.

Der Preisträger

Andreas Pollreisz hat 2007 das Humanmedizinstudium an der Medizinischen Universität Wien (MUW) abgeschlossen. Von 2007-2009 hatte er eine Post-Doc-Stelle in Basic & Translational Research an der Columbia University, New York, USA. Daran anschließend absolvierte er die Facharztausbildung für Augenheilkunde an der MUW, wo er sich 2016 habilitierte und seit 2018 als Assoziierter Professor tätig ist. Andreas Pollreisz ist Leiter einer Forschungsgruppe mit Schwerpunkt Retina an der MUW, wobei er internationale und nationale Projekte mit Forscher:innen von der University of Washington (Seattle, USA), der University of Alabama at Birmingham (Birmingham, USA) und des Zentrums für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik (MUW) umsetzt. Seine Arbeit wurde unter anderem mit einem RO1 Grant des National Institute of Health (USA) als Co-Principal Investigator gewürdigt.