Claus O. W. Trost, Erich Schmid Institute of Materials Science der ÖAW, wird für sein Paper Bridging Fidelities to Predict Nanoindentation Tip Radii Using Interpretable Deep Learning Models, JOM 74, 2195–2205 (2022), ausgezeichnet.
Die prämierte Arbeit beschäftigt sich mit der in-situ-Modellierung des Verschleißes von Eindringkörpern im Bereich der Nanoindentation mittels Maschinellen Lernens. Nanoindentation ermöglicht die zerstörungsfreie und hochauflösende Messung lokaler Materialeigenschaften. Klassischerweise bestehen die Eindringkörper aus hochpräzise gefertigten, dreiseitigen Diamantpyramiden. Diese werden wenige zehn bis hunderte Nanometer tief in das zu untersuchende Material gedrückt. Eine exakte Bestimmung der Pyramidenspitze ist essenziell für die korrekte Auswertung der Messergebnisse.
Die Spitze der Pyramide lässt sich durch einen Krümmungsradius approximieren, der bei neuen Indenterspitzen zwischen 50 nm und 100 nm liegt, während er bei stark beanspruchten Spitzen bis zu 1 µm betragen kann. In der Arbeit wurde der Verschleiß einer Spitze über 300.000 Messungen an verschiedenen Materialien hinweg untersucht. Dabei wurde die Spitze in regelmäßigen Abständen experimentell charakterisiert. Die gesammelten Daten der Spitzengeometrie wurden mit experimentellen Messkurven der Eindrücke sowie mit simulierten Experimenten zu umfassenden Datensätzen kombiniert.
Aus diesen Datensätzen wurden relevanten Merkmale (Features) extrahiert, die auf der dimensionalen Analyse des inversen Nanoindentationsproblems basieren. Anschließend wurde ein neuronales Netzwerk trainiert, das den Spitzenverschleiß während experimenteller Anwendungen direkt beschreiben kann. Die Entscheidungsprozesse des komplexen Netzwerks wurden mithilfe von Methoden aus der kooperativen Spieltheorie analysiert. Es konnte gezeigt werden, dass das neuronale Netzwerk nicht nur präzise in-situ Verschleißvorhersagen ermöglicht, sondern sich dabei auch auf dieselben Features stützt, die bereits mit anderen Methoden vorhergesagt wurden.
Claus O. W. Trost studierte an der Montanuniversität Leoben Werkstoffwissenschaft und promovierte 2023. Seine Dissertation wurde am Erich Schmid-Institut für Materialwissenschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in der Arbeitsgruppe von Dr. Megan Cordill verfasst.
Durch die Teilnahme an verschiedenen Summer- und Winterschools der ÖAW und der Technischen Universität Dresden konnte er sich während seiner Dissertation im Bereich des maschinellen Lernens spezialisieren. Sein wissenschaftlicher Fokus liegt auf dünnen metallischen Filmen und Folien, die für modernen mikroelektronischen Bauteilen benötigt werden. Dabei beschäftigt er sich sowohl mit datengetriebener Weiterentwicklung von Messmethoden als auch mit datenzentrischer Materialentwicklung.
Derzeit ist er als Postdoktorand am Erich Schmid-Institut tätig. Für seine Forschung an selbstheilenden dünnen Schichten wurde ihm ein APART-MINT-Stipendium der ÖAW verliehen. Darüber hinaus ist er Co-Projektleiter des F&E-Infrastrukturprojekts FunkyMat.