Bader-Preis für Kunstgeschichte 2024

Sophie Morawitz wird für ihr Dissertationsprojekt Die Stadtpfarrkirche St. Ägidius und Koloman in Steyr: Architektur, Ausstattung und Nutzung vom Spätmittelalter bis in die Reformation ausgezeichnet.

Die häufigste Begegnung mit frühneuzeitlicher Malerei findet im Museum statt. Ob Tafelbilder, Wandmalereien, illuminierter Buchschmuck oder Malereien auf Ton, Keramik und textilen Untergründen: zahlreiche gemalte Werke werden im Rahmen von Dauer- oder Sonderausstellungen zugänglich gemacht und einem breiten Publikum fern ihrer ursprünglichen Bedeutung und Funktion als „Kunstwerke“ präsentiert. Im Gegensatz dazu sind frühneuzeitliche Glasmalereien in den Ausstellungsräumen mitteleuropäischer Museen bis heute selten vertreten: vielerorts an ihren ursprünglichen Standorten erhalten bzw. aufgrund der traditionellen Zergliederung der Museumsbestände in Gattungen und Epochen in den Museumsdepots verstaut geblieben, mutierten sie zu unsichtbaren Artefakten, die lange Zeit keine tiefergreifende kunsthistorische Erforschung erfahren haben. 

Aufbauend auf die in den vergangenen Jahrzehnten getätigten Forschungsleistungen der internationalen Forschungsgemeinschaft des Corpus Vitrearum, im Zuge welcher ausgewählte Glasmalereiobjekte des 16. Jahrhunderts erstmals ins Scheinwerferlicht geisteswissenschaftlicher Untersuchungen rückten, strebt das Projekt eine umfangreiche Aufarbeitung der bis heute erhalten gebliebenen Glasmalereibestände der Steyrer Stadtpfarrkirche aus den 1520er Jahren an. Dabei orientiert sich die Betrachtung und Herangehensweise primär an zwei zentralen Aspekten: Zum einen gilt es den Bestand der Glasgemälde zu rekonstruieren. Zum anderen soll aber auch der Frage nach den funktionsspezifischen Aspekten, vor allem nach dem Verhältnis zwischen Kirchenraum und zeitgenössischen Akteur:innen nachgegangen werden.

Durch Analyse der bis heute greifbaren Fensterausstattung können Wandlungs- und Nutzungsprozesse beleuchtet und erstmals auch die Strategien der bürgerlichen Auftraggeber:innen greifbar gemacht werden.

Die Preisträgerin

Sophie Morawitz begann nach Abschluss der HTLA in Baden bei Wien das Kunstgeschichtestudium an der Universität Wien und legte dabei einen Schwerpunkt auf die Architektur- und Mediengeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts. Durch Mitbelegung am Institut für Kunstgeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege der TU Wien bildete sie sich zudem im Bereich der Bau- und Denkmalforschung weiter. Sophie Morawitz ist Ernst-Gombrich-Preisträgerin und Fellow der Doctoral School of Historical and Cultural Studies der Universität Wien. In ihrem durch das ÖAW-DOC-Stipendium finanzierten Dissertationsprojekt beschäftigt sie sich mit dem Verhältnis von Menschen, Objekten und Räumen in der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Sakralarchitektur am Beispiel der oberösterreichischen Stadtpfarrkirche in Steyr.