Roland Atefie-Preis 2024

Magdalena Kraler wird für ihre Dissertation Yoga Breath: The Reinvention of Prāṇa und Prāṇāyāma in Early Modern Yoga ausgezeichnet.

Die yogische Atemübung (Skt.: prāṇāyāma) ist spätestens seit den Yogasūtras des  Patañjali eine zentrale Übungspraxis des Yoga. Dort wird sie als das vierte Glied des achtfachen Pfades beschrieben. Auch im mittelalterlichen Haṭhayoga wusste man um die Bedeutung der Atemkontrolle: den Atem möglichst lange anzuhalten verlieh Gesundheit, spirituelle Weiterentwicklung, ja übernatürliche Fähigkeiten und Erleuchtung. Im indischen Subkontinent der 1850er Jahren werden die Atemübungen aber neu gedacht. Prāṇāyāma wird nun von einer breiteren Masse praktiziert und gewinnt neue Deutungsebenen. Oft durch eine britische Erziehung sozialisiert, beschäftigen sich Yogis nun mit medizinischem Fachwissen, Selbsthilfe-Literatur zur Gesundheit und Abwehr von Tuberkulose, westlichen sowie transnationalen esoterischen Strömungen und der Gymnastikkultur.

Diese Arbeit legt erstmals die großen Umbrüche bezüglich prāṇāyāma dar, die seit dem 19. Jahrhundert zu beobachten sind. Sie fokussiert die Zeitspanne von 1850 bis 1945, innerhalb derer sich alle wesentlichen – bis heute wirksamen – Neuerungen vollzogen haben. Das damalige Indien als den zentralen Ort dieser Veränderungen verortend, zeigt diese Arbeit auch transnationale Entwicklungen auf. Ein breites Netzwerk an einflussreichen Protagonist:innen wird freigelegt, welches zeigt, dass Yoga heute mehr als eine uralte Tradition ist – sie wurde wesentlich angereichert durch moderne Zutaten und Konzepte. Prāṇa (Skt.: für „Atem“, „Vitalität“) wurde zum Leitmotiv bedeutender Figuren des modernen Yoga, allen voran Swami Vivekananda.

Die englischsprachige Dissertation erscheint 2025 bei der Vienna University Press (Vandenhoeck & Ruprecht) in der Reihe „Wiener Forum für Theologie und Religionswissenschaft“ unter dem Titel Yoga Breath: Prāṇa and Prāṇāyāma in Early Modern Yoga. Das Buch schließt eine wichtige Lücke in der Yogaforschung, die sich diesen Themen bisher nur marginal zugewandt hat. Doch auch gemeinhin fasziniert die yogische Atemübung zunehmend – nicht zuletzt durch die jüngste Vergangenheit der Corona-Pandemie. Das Buch bearbeitet somit ein Themengebiet von breitem religions- und kulturwissenschaftlichem sowie populärem Interesse.

Die Preisträgerin

Magdalena Kraler promovierte 2022 an der Kath.-Theologischen Fakultät (Fachgebiet Religionswissenschaft) der Universität Wien. 2013 erhielt sie einen Master of Arts in Musik- und Tanzpädagogik (Universität Mozarteum Salzburg). Ihre Publikationen behandeln die historische Aufarbeitung der Atemübungen (prāṇāyāma) im modernen Yoga, aber auch die Verschränkung von Atem und Klang im okkulten Wien des Fin de Siècle sowie esoterische Ausrichtungen der Tanz- und Gymnastikszene. Magdalena unterrichtet derzeit am Kolleg für Sozialpädagogik der Diözese Graz-Seckau sowie an der Pädagogischen Hochschule Steiermark.