Erwin Schrödinger-Preis 2011

Gerhard A. Holzapfel wird in Anerkennung seiner herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Biomechanik ausgezeichnet.

Biomechanik ist ein relativ junger Wissenschaftszweig, der sich – durch Entwicklung, Erweiterung und Anwendung der Mechanik – mit der Erforschung von lebenden Systemen beschäftigt. Ein erklärtes Ziel ist ein besseres Verständnis von Phänomenen der Biologie, des Engineering und der Medizin sowohl auf molekularer Ebene als auch auf der Ebene von ganzen Organen oder sogar Organismen. Dabei konzentrieren sich die Forschungen darauf, wie die Funktion von der Struktur und Mechanik gesteuert wird. Es ist bekannt, dass die endgültige Struktur und Funktionalität von (gesunden) lebenden Geweben gemäß ihrer biomechanischen Umgebung optimiert ist. So kommt es bei dauerhaften Blutdruck-änderungen in einer Arterie auch zu Struktur- und Funktionsveränderungen in der Arterienwand.
Die klinische Anwendung der Biomechanik führt zu verbesserter Krankheitserkennung, Behandlung von Krankheiten, chirurgischer Planung und Intervention, optimierten Implantaten oder zu verbesserten Designs für „tissue engineering". So können zum Beispiel in absehbarer Zeit gezielte patientenspezifische Anwendungen von Medikamenten auf der Basis von individuellen genetischen Profilen, modernen Berechnungsmodellen und neuartigen Biomaterialien und Geräten entwickelt werden. Auf der Grundlage von individuellen bildgebenden Verfahren und Berechnungsmodellen werden patientenspezifische implantierbare Geräte angefertigt werden können und chirurgische Verfahren zuerst individuell entwickelt und dann in virtuellen Umgebungen bewertet werden.

Der Preisträger

Gerhard A. Holzapfel, geb. 1961, studierte Bauingenieurwesen und Maschinenbau an der Technischen Universität Graz, wo er 1990 promovierte. Nach einem durch ein Schrödinger-Stipendium des FWF finanzierten Forschungsaufenthalt an der Stanford University, habilitierte er sich 1996 für das Fach „Allgemeine Mechanik" an der Technischen Universität Wien. Im Jahr 1997 erhielt er den START-Preis. Von 1998 bis 2004 war er als ao. Professor und Leiter der Arbeitsgruppe „Computational Biomechanics" am Institut für Baustatik der Technischen Universität Graz tätig, die folgenden drei Jahre verbrachte er als Leiter des Lehrstuhls für Biomechanik am Royal Institute of Technology (KTH) in Stockholm. Seit 2007 ist er „Adjunct" Professor am KTH und ordentlicher Professor und Vorstand des neu eingerichteten Instituts für Biomechanik an der Technischen Universität Graz.