Karl Schlögl-Preis 2020

Esther Heid wird für ihre Dissertation Concepts of solvation dynamics in molecular dynamics simulation ausgezeichnet

In ihrer Dissertation beschäftigt sich Esther Heid mit der Vorhersage und Berechnung verschiedener Eigenschaften von Flüssigkeiten und Lösungen mittels Computersimulationen. Kenntnis der dynamischen, also zeitabhängigen Reaktion eines Lösungsmittels auf eine Veränderung, beispielsweise durch die Bewegung eines darin gelösten Moleküls, durch eine chemische Reaktion, oder Anregung mittels Laser, spielt eine wichtige Rolle zum besseren Verständnis etlicher Prozesse in der Natur. So wird zum Beispiel die korrekte Funktion eines Proteins erst durch die veränderte Dynamik von Wasser an dessen Oberfläche ermöglicht. Die Messung dieser sogenannten Solvatationsdynamik ist aufwendig, und für komplexe Systeme wie der Bestimmung des Verhaltens von Wasser rund um ein Protein schwer bis unmöglich zu interpretieren. Mittels Computersimulationen erforschte Esther Heid die Bewegung von Wasser nahe zu Proteinen und Kohlenhydraten, das Verhalten von Flüssigkeiten in purer Form, sowie die Genauigkeit und Richtigkeit verschiedener Mess- und Simulationsmethoden. Ihre Berechnungen ermöglichten eine detaillierte Analyse experimenteller Ergebnisse, sowie die Identifikation möglicher Schwachstellen von herkömmlichen Computermodellen. Unter anderem erforschte sie die Fähigkeit von Zuckern, Organismen vor Schäden durch Frost oder Austrocknung mittels verlangsamter Wasserdynamik zu schützen, indem sie mithilfe von Computersimulationen aufklärte welche Prozesse der experimentellen Messung der Solvatationsdynamik von Zuckerlösungen zugrunde liegen. Ihre Arbeiten zur Verbesserung von Computermodellen und der zugehörigen Parameter ermöglichten erstmals eine quantitative Übereinstimmung von Experiment und Simulation für die Solvatationsdynamik diverser Systeme, und finden auch in anderen Forschungsgebieten im Bereich der Computersimulation Anwendung. So entwickelte sie beispielsweise eine Methode zur Berechnung atomarer Polarisierbarkeiten, einem wichtigen Simulationsparameter zur Beschreibung der  Reaktion eines Atoms auf ein elektrisches Feld, für neutrale und geladene Moleküle. Weiters erstellte sie ein Machine Learning Modell, welches die Polarisierbarkeit und Ladung jedes Atoms in einem Molekül näherungsweise bestimmt und damit eine schnelle und einfache Alternative zur herkömmlichen, aufwendigen Berechnung elektrostatischer Parameter bietet. Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag zu genaueren Computermodellen im Allgemeinen, sowie zum besseren Verständnis von Flüssigkeiten.

 

Die Preisträgerin

Esther Heid hat 2016 das Masterstudium Chemie an der Universität Wien abgeschlossen; 2019 promovierte Esther Heid an dieser Universität im Fach Chemie (Doctoral Programme Natural Sciences: Chemistry). Während ihres Doktoratsstudiums war Esther Heid Gastwissenschaftlerin an London Imperial College und an der University of Maryland, Baltimore.

Von August 2017 bis Dezember 2019 war Esther Heid Doc-Stipendiatin der ÖAW; im Oktober 2019 wurde ihr ein Erwin Schrödinger Fellowship des FWF zuerkannt; seit Jänner 2020 hat Esther Heid eine Postdoc-Stelle am Massachusetts Institute of Technology, Department of Chemical Engineering.