Gerhard Sohr wird für seine Dissertation „Borates of Mono- and Divalent Cations Synthesized under Extreme Conditions“ ausgezeichnet.
Die Eigenschaften von Festkörpern hängen eng mit ihrer Struktur zusammen. Diese Strukturen sind neben der chemischen Zusammensetzung auch abhängig von äußeren Bedingungen wie Temperatur und Druck, unter denen sie entstanden sind. Währen das Wissen über Strukturen und Eigenschaften chemischer Verbindungen bei verschiedenen Temperaturen bereits sehr umfangreich ist, sind die Strukturen bei erhöhtem Druck durch den experimentell schwierigeren Zugang deutlich weniger untersucht. Mit der Untersuchung von Festkörpern, die unter hohem Druck von bis zu 12,5 Gigapascal (das entspricht dem Druck in 350 km Erdtiefe) entstanden sind, beschäftigt sich die Dissertation „Borates of Mono- and Divalent Cations Synthesized under Extreme Conditions“ von Gerhard Sohr. Der Fokus der Arbeit liegt dabei auf der Synthese und Charakterisierung von Boraten. Diese Salze der Borsäure bestehen aus den Elementen Bor, Sauerstoff, sowie verschiedenen anderen Elementen und haben viele interessante technische Anwendungen.
Während der umfangreichen Untersuchungen konnten acht neue Verbindungen synthetisiert und untersucht werden, wobei fünf neue Strukturtypen entdeckt wurden. Zwei weitere bekannte Verbindungen wurden erneut untersucht. Ein Glanzpunkt ist die neue Verbindungen HP-CsB5O8, die einen interessanten neuen Strukturtyp aufweist, der alle typischen Baueinheiten der Borate (BO3-Gruppen, eckenverknüpfte BO4-Tetraeder, sowie kantenverknüpfte BO4-Tetraeder) in einer Struktur vereint. Des Weiteren ragt die Verbindung HP-Cs1-x(H3O)xB3O5) (x = 0,5 – 0,7) hervor. In ihr wurden erstmal Oxoniumionen in der Struktur eines Borates festgestellt. Die Krönung der Arbeit ist die Verbindung Cd(NH3)2[B3O5(NH3)]2. Sie stellt den ersten Vertreter der damit neu entdeckten Substanzklasse der Amminborate dar. Diese Substanzklasse zeichnet sich durch ein faszinierendes Strukturelement aus, welches aus einem an eine BO3-Gruppe koordinierendem Ammoniakmolekül besteht. Dieses Strukturelement wurde während dieser Arbeit erstmals beobachtet.
Gerhard Sohr hat das Doktoratsstudium Chemie im Jahr 2015 an der Ludwig Franzens Universität Innsbruck abgeschlossen. Von 2011 bis 2015 war Gerhard Sohr wissenschaftlicher Projektmitarbeiter in der Arbeitsgruppe von Prof. Hubert Huppertz am Institut für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie der Ludwig Franzens Universität Innsbruck. Seit Oktober 2015 leitet Gerhard Sohr das Labor eines Unternehmens mit Sitz in Hohenems.