Gabriel Kogler wird für seine Habilitationsschrift Vergleich und Anerkenntnis, Manz Verlag Wien, 2021, ausgezeichnet.
Außergerichtlichen Vergleichen und Anerkenntnissen kommt eine enorme praktische Relevanz zu. Trotzdem werfen der Vergleich und sämtliche Formen des (positiven und negativen) Anerkennens eines Rechts – in Österreich werden deklaratives, konstitutives und abstraktes Anerkenntnis unterschieden – immer noch eine Vielzahl von Fragen auf. Die vorliegende Arbeit stellt die erste monografische Untersuchung und systematische Erfassung von außergerichtlichen Vergleichen und Anerkenntnissen dar und berücksichtigt dabei zumindest auch die Rechtslage in Deutschland und der Schweiz.
Ein Hauptteil liegt in der Untersuchung der sog. Bereinigungswirkung von Vergleich und konstitutivem Anerkenntnis. In der Sache geht es darum, welchen Einfluss Bereinigungsverträge auf das streitige oder zweifelhafte Recht haben und umgekehrt. Es wird aufgezeigt, dass hier jeweils eine Novation vorliegt und das streitige oder zweifelhafte Recht untergeht. Davon sind bereinigende Schuldänderungen zu trennen, bei denen das Recht bestehen bleibt. Aufbauend darauf werden Weiterhaftung von Nebenrechten und Sicherheiten, Möglichkeit und Erlaubtheit, Anfechtung wegen List, Drohung oder Irrtums, Geltendmachung von Leistungsstörungen, Aufhebung wegen laesio enormis, Vertragsabschluss – also Bedingungen, Form, Geschäftsfähigkeit und Stellvertretung – und Verjährung abgehandelt und weitgehend neue, eigene Lösungen entwickelt.
Ein abstraktes Anerkenntnis liegt vor, wenn Gläubiger und Schuldner durch Vertrag für eine bestehende Schuld eine neue selbstständige Forderung begründen, sodass sich der Gläubiger (auch) darauf stützen kann. Dem deutschen und dem schweizerischen Recht sind solche Anerkenntnisse bekannt. Nach h.A. ist das abstrakte Anerkenntnis aber nach österreichischem Recht unzulässig. Weiteres Kernstück ist daher die Untersuchung der Zulässigkeit des abstrakten Anerkenntnisses und damit eine der grundlegendsten Fragen im Schuldrecht, nämlich ob für die Wirksamkeit von Schuldverträgen eine Zweckvereinbarung und/oder Zweckerreichung – regelmäßig taucht hier auch der Begriff causa auf – notwendig ist. Hier wird eine völlig neue Ansicht hinsichtlich der Wirksamkeit von Verträgen nach dem ABGB entwickelt: Für die Begründung einer vertraglichen Forderung reicht aus, dass eine Willensübereinkunft vorliegt. Die Willensübereinkunft ist der Titel (Rechtsgrund) für die dadurch begründete Forderung. Eine Forderung ist insofern hinsichtlich ihrer Wirksamkeit gegenüber einem Titel (Rechtsgrund) kausal, sonst aber – also gegenüber einem Zweck oder einer causa, die darüber hinausgehen – abstrakt (sofern man den Wegfall durch Ausübung von Gestaltungsrechten wie bei reiner Kondizierbarkeit als abstrakte Ausgestaltung bezeichnet). Jeder Zweck kann aber nach § 901 ABGB „zur Bedingung gemacht“ werden. Entgegen der hA ist damit das abstrakte Anerkenntnis in Österreich zulässig.
Gabriel Kogler hat das Diplomstudium der Rechtswissenschaften 2004 an der Universität Wien abgeschlossen. Danach absolvierte er die Gerichtspraxis im Sprengel des OLG Wien und war fast zwei Jahre Rechtsanwaltsanwärter in einer Wiener Anwaltskanzlei.
2007 trat er für einige Monate eine Karenzstelle als Universitätsassistent am Institut für Zivilverfahrensrecht an. 2008 wechselte er als prae doc-Universitätsassistent zum Institut für Zivilrecht und promovierte mit einer erbrechtlichen Arbeit im September 2011. Von November 2011 bis Jänner 2018 war Gabriel Kogler post doc-Universitätsassistent am Institut für Zivilrecht. Im Februar und März 2018 absolvierte er im Rahmen seines Habilitationsprojektes einen Forschungsaufenthalt am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg.
Gabriel Kogler ist seit Jänner 2019 Assistenz-Professor (Tenure Track-Professur aus Zivilrecht) am Institut für Zivilrecht der Universität Wien. Im Februar 2021 wurde ihm von der Universität Wien die Lehrbefugnis für die Fächer Zivilrecht, Zivilverfahrensrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung erteilt.