Roland Atefie-Preis 2016

Helena Stockinger wird für ihre Dissertation „Umgang mit religiöser Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen. Eine ethnographische Studie an Kindergärten in katholischer und islamischer Trägerschaft in Wien“ ausgezeichnet.

Die Studie beschäftigt sich mit der Frage, wie in einem Kindergarten in islamischer und einem Kindergarten in katholischer Trägerschaft in Wien mit religiöser Differenz umgegangen wird und wie Kinder diese thematisieren. Nach einer Klärung der verwendeten Begrifflichkeiten erfolgt eine Sichtung des Forschungsstands, wobei Ergebnisse aus der Grundschul- und Elementarpädagogik, entwicklungspsychologische Erkenntnisse sowie Möglichkeiten der Kindheitsforschung dargestellt werden. Im Anschluss werden der methodologische Zugang, das Untersuchungsdesign und die Untersuchungsdurchführung geschildert, die Daten ausgewertet und analysiert sowie die Ergebnisse diskutiert.
Dem explorativen Forschungsprojekt liegt ein ethnographischer Zugang zu Grunde, wobei die Methoden der Teilnehmenden Beobachtung, Expertinnen- und Experteninterviews mit den Leitungen der Kindergärten sowie Gruppendiskussionen mit den Kindern und den Pädagoginnen angewendet wurden. In den beiden Kindergärten zeigen sich Tendenzen, dass die Religion der Mehrheit, die zugleich die Religion der jeweiligen Trägerschaft ist, dominant ist, wohingegen anderen Religionen wenig Anerkennung zukommt, was in den Überlegungen zu Religion, den erkennbaren Elementen religiöser Differenz und der Kommunikation über religiöse Differenz deutlich wird. Die Kinder bemerken religiöse Differenz und unterscheiden sich in ihrer Kommunikation über diese, was sich in dem geäußerten Interesse an religiöser Differenz, in der Frage der Zugehörigkeit und im Umgang mit Meinungsverschiedenheiten ausdrückt. Insbesondere für die Kinder, die nicht der Religion der Mehrheit zugehören, stellt der Kindergarten keinen Artikulationsraum zur Verfügung, sich zu der von ihnen erlebten Differenz ehrlich zu äußern.
Die Ergebnisse verweisen auf die Bedeutung der Organisation im Umgang mit religiöser Differenz. Daher schließt die Arbeit mit Überlegungen zur Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen. Es wird die Frage diskutiert, wie der Kindergarten zu einem safe space werden kann, in dem sich Kinder mit ihrer jeweiligen Religion wertgeschätzt und zugehörig fühlen.

Die Preisträgerin

Helena Stockinger hat an der Universität Wien gemeinsam mit dem Lehramtsstudium Katholische Religion und PP (abgeschlossen 2009) die Diplomstudien Katholische Religionspädagogik, Katholische Fachtheologie (beide 2009 abgeschlossen), Philosophie (Abschluss 2011) und Psychologie (Abschluss 2012) durchgeführt. 2015 hat sie das Doktoratsstudium Katholische Theologie abgeschlossen. Seit 2014 ist Helena Stockinger Universitätsassistentin am Institut Katechetik, Pädagogik und Religionspädagogik der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz.