Yoshan Moodley wird in Anerkennung seiner Publikation The Peopling of the Pacific from a Bacterial Perspective der Best Paper Award 2009 der Östereichischen Akademie der Wissenschaften verliehen.
Mein Forschungsschwerpunkt Evolutionsbiologie ist aufregend und fordernd zugleich. Aufregend insofern, als von der Frage, wie die menschliche Evolution ablief, eine ungebrochen große Faszination ausgeht. Fordernd, weil die Evolutionsforschung heutzutage modernste Technologien und Analysemethoden verwendet. Das Erforschen der menschlichen Evolution kombiniert oftmals Geschichte und Biologie. Hier erlaubt uns das Verwenden der genetischen Information (der DNS) sowohl historische als auch prähistorische Ereignisse zu rekonstruieren. Mutationen im genetischen Code sind Zeugen historischer Ereignisse und bilden ein Fenster in die Vergangenheit. Die Herauforderung der Evolutionsbiologie liegt nun darin, die Information, die in diesen Mutationen liegt, zu interpretieren. Das Erforschen der evolutionären Vergangenheit eines jeden Organismus, seien es Pflanzen, Tiere, Bakterien oder Viren, erfordert detailliertes Wissen darüber, wie sich DNS-Mutationen über verschiedene Populationen verteilen. Oft sind diese Mutationen nicht in einer Art und Weise verteilt, die es uns ermöglicht, sie sinnvoll zu interpretieren. Dies ist zum Beispiel bei menschlicher DNS der Fall. Der Grund hierfür kann darin liegen, dass die Mutatationsrate zu niedrig ist und/oder dass die Zeitspanne, die benötigt wird bis Mutationen in geographisch getrennten Populationen fixiert werden, länger ist als die Trennung dieser Populationen existiert. Mittels menschlicher DNS kann zum Beispiel weder das stammesgeschichtliche Verhältnis der Ureinwohner Australiens und Neu Guineas ermittelt werden, noch wann die erste Kolonisation Australiens und Neu Guineas stattfand. Um dieses Problem zu umgehen, benutzten wir in unserer Forschung die DNS des im menschlichen Magen lebenden Bakteriums Helicobacter pylori als Ersatzmarker für menschliche Migrationen. Da die Mutationsrate der DNS von H. pylori deutlich höher ist als die menschlicher DNS, erwies sich diese Herangehensweise als ausgesprochen informativ.
Die Verbindung zwischen diesem Bakterium und dem Menschen besteht seit langer Zeit; schon während der ersten Migration aus Afrika trugen die frühen Menschen H. pylori in ihren Mägen. Auf diese Weise wurde das Bakterium überall dort verbreitet, wo sich auch der Mensch ausbreitete. In unserer Arbeit konnten wir mittels der DNS-Unterschiede der verschiedenen H. pylori Populationen zeigen, dass die Pazifikregion in zwei getrennten Migrationsschritten bevölkert wurde: Die erste, ältere, Migration fand vor 32.000 bis 37.000 Jahren statt. In dieser Zeit wurden das heutige Australien und Neu Guinea besiedelt. Die zweite Migrationswelle vor etwa 5.000 Jahren begann in Taiwan und führte zu der Besiedelung von Madagaskar und Polynesien.
Yoshan Moodley studierte in Südafrika und Neuseeland Evolutions- und Populationsgenetik. Nach Aufenthalten als Post-doc-Research Fellow an der Cardiff University und am Max Planck Institut für Infektionsbiologie arbeitet er seit 2009 am Konrad Lorenz Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der ÖAW in Wien.