Christian Gastgeber wird für seine Habilitationsschrift Die griechischen Handschriften der Bibliotheca Corviniana in der ÖNB. Provenienz und Rezeption im Wiener Griechischhumanismus des frühen 16. Jahrhunderts ausgezeichnet.
Diese Arbeit entstand im Rahmen des Forschungsschwerpunktes Paläographie und Textüberlieferung der Abteilung Byzanzforschung am Institut für Mittelalterforschung der ÖAW. Sie arbeitet den nachweisbaren Restbestand der legendären griechischen Bibliothek des Königs Matthias Corvinus (1443–1490) in der Österreichischen Nationalbibliothek auf. Im Gegensatz zu den lateinischen Handschriften der Bibliotheca Corviniana stellt die Rekonstruktion des griechischen Fundus die Forschung vor das große Problem, dass diese Handschriften weder die üblichen Zierseiten oder das Königswappen enthalten noch in Skriptorien in Auftrag gegeben wurden, sondern sich als Textzeugen verschiedener Jahrhunderte in sehr unterschiedlicher Erscheinungsform darstellen. Nur in zwei Fällen gibt der Einband ein sicheres Indiz. Neben einer gründlichen Analyse der Handschriften, die der Bibliothek aufgrund von Berichten der Humanisten des 15. und 16. Jahrhunderts zugewiesen werden können, wird der Frage der Wirkung des aufblühenden transalpinen Griechischhumanismus am Beispiel der Wiener Gelehrten und ihres Zugangs zu Bibliotheken mit griechischem Bestand nachgegangen. Damit wird zugleich ein Panorama der Griechischstudien in Wien an der Wende vom 15. zum 16. und am Beginn des 16. Jahrhunderts entworfen. Die Exponenten dieser neuen Richtung des bilinguen Humanismus werden mit Blick auf ihre Ausbildung, ihre Editionstätigkeit, ihren (Privat-)Bibliotheksbesitz und ihre Bezugsquelle von Handschriften (oder Drucken) aufgearbeitet. So ergibt sich zugleich ein Einblick in das bemühte Bestreben, mit dem italienischen bilinguen Humanismus emulativ mitzuhalten. Der fehlende Bestand an Graeca bildete dabei ein ernstes Problem.
Die Arbeit ist 2014 im Verlag der ÖAW erschienen.
Christian Gastgeber studierte Klassische Philologie an der Universität Wien und schloss 2001 sein Doktoratsstudium am Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien ab (Promotio sub auspiciis). 2010 erfolgte die Habilitation an der Universität Wien. Er ist Privatdozent wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie Projektleiter an der Abteilung Byzanzforschung des Instituts für Mittelalterforschung der ÖAW.