Karlheinz Gröchenig arbeitet auf dem Gebiet der harmonischen Analyse und ihrer Anwendung. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Zeit-Frequenz-Analyse, die versucht, Zeit- und Frequenz-Verhalten von Funktionen gleichzeitig darzustellen, soweit dies mit dem Unschärfeprinzip vereinbar ist. In Analogie zur musikalischen Partitur kann man dann Zeit-Frequenz-Darstellungen als mathematische Partitur für die Analyse von Funktionen verstehen. Zum einen hat Karlheinz Gröchenig solche Zeit-Frequenz-Darstellungen als Werkzeug für die Untersuchung einer wichtigen Klasse von Funktionenräumen, den sogenannten Modulationsräumen, die Glattheit mittels Normen im Phasenraum beschreiben anstatt durch Ableitungen, eingesetzt. Zum anderen hat er einen neuen Zugang zur Theorie der Pseudodifferentialoperatoren geschaffen, der ganz mit Zeit-Frequenz-Begriffen auskommt und keine Differenzierbarkeit voraussetzt. Diese Theorie hat direkte Anwendungen für die Beschreibung und Schätzung von Übertragungskanälen in der mobilen Kommunikation.
Für die numerische Umsetzung von Zeit-Frequenz-Methoden benötigt man diskrete und redundante Zeit-Frequenz-Darstellungen, sogenannte Gabor-Frames, die ihren Ursprung in der Entwicklung der Informationstheorie durch Dennis Gabor haben. Karlheinz Gröchenig hat grundlegende Resultate über die dualen Objekte bewiesen, die es ermöglichen, Funktionen in Modulationsräumen durch wenige Elemente effizient zu approximieren. Diese Resultate wurden bei der Konstruktion von optimalen Pulsen für die Nachrichtenübertragung mittels OFDM (orthogonal frequency division multiplexing) verwendet.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Herleitung und Verwendung von Abtastsätzen. Dabei geht es um die Frage, ob und wie man aus diskreten Daten, meist Punktauswertungen, eine Funktion oder einen funktionalen Zusammenhang vollständig rekonstruieren kann. Diese Fragestellung geht auf Claude Shannons Entwicklung der Informationstheorie zurück, und Abtastsätze bilden die Grundlage der Analog-Digital-Umwandlung. Karlheinz Gröchenigs Beiträge umfassen die Entwicklung von numerischen Algorithmen zur Rekonstruktion von Funktionen, die unregelmäßig abgetastet werden, die ersten Arbeiten über Abtasten an zufällig gewählten Punkten, sowie neue, optimale Abtastsätze in shift-invarianten Räumen. In diesem Zusammenhang wurde ihm und seinen Koautoren das US-Patent “System and methods of nonuniform data sampling and data reconstruction in shift-invariant and wavelet spaces” zuerkannt. In seiner Forschung macht Karlheinz Gröchenig keinen Unterschied zwischen reiner und angewandter Mathematik. In der Tat benützen viele seiner anwendungsrelevanten Ergebnisse abstrakte Methoden aus der Funktionentheorie, der Theorie der Banachalgebren, der Funktionalanalysis und Wahrscheinlichkeitstheorie.
Karlheinz Gröchenig schloss das Mathematikstudium 1985 an der Universität Wien ab und promovierte „sub auspiciis“. Nach einer zweijährigen Assistentenstelle an der Wiener Universität trat Karlheinz Gröchenig eine Postdoc-Stelle an der McMaster University, Hamilton, Ontario, an. Ab 1988 arbeitete Karlheinz Gröchenig als Assistant Professor, Associate Professor und schließlich als Full Professor an der University of Connecticut. Im Jahr 2004 erhielt er den Marie Curie Excellence Award und kehrte in diesem Jahr nach Europa zurück. Seit 2006 ist Karlheinz Gröchenig Professor an der Fakultät für Mathematik der Universität Wien. Er arbeitet auf dem Gebiet der Harmonischen Analyse, insbesondere der Zeit-Frequenz-Analyse. Sein Buch „Foundations of Time-Frequency-Analysis“ ist zum absoluten Standardwerk auf diesem Gebiet geworden.
Karlheinz Gröchenig ist Mitherausgeber bei den auf dem Gebiet der Harmonischen Analysis führenden Journalen „Journal of Fourier Analysis and Applications“, „Applied and Computational Harmonic Analysis“, „Constructive Approximation“ und „Journal of Approximation Theory“.