Albert Göschl wird für seine Dissertation Die Logik des essayistischen Gedankens: Zur Analyse der italienischen Essayistik zwischen Fin de Siècle und Zweitem Weltkrieg vor dem Hintergrund der Gattungsgeschichte ausgezeichnet.
Das Thema der Arbeit ist die Analyse des italienischen literarischen Essays, der hier als Darstellung eines ästhetisch modellierten Gedankenverlaufs begriffen wird. Die Logik des essayistischen Gedankens, so das tragende Konzept der Arbeit, analysiert die Wege ästhetisch vermittelten freien Denkens zwischen Jahrhundertwende und Zweitem Weltkrieg anhand der paradigmatischen Textform des literarischen Essays – eine Gattung, welche die Widersprüche zwischen Wissenschaft und Literatur, Logik und Ästhetik, Wirklichkeit und Wahrheit in sich vereint.
Die Arbeit ist in drei große Teile gegliedert: einen historischen, einen systematischen und einen interpretatorischen. Im ersten Teil wird – neben einem forschungshistorischen Abriss – die Begriffsgeschichte sowie die gattungsgeschichtliche Entwicklung des italienischen Essays dargelegt. Es zeigt sich darin unter anderem, wie die Begriffsgeschichte des italienischen Essays maßgeblich zur mangelnden Perzeption der Gattung beiträgt.
Der zweite Teil der Arbeit stellt vorwiegend gattungstheoretische Überlegungen an und erstellt textimmanente Interpretationskategorien. Der literarische Essay wird hier als Teil der Reflexionsprosa konzipiert, die als vierte Großgattung neben den Bereichen Lyrik, Epik und Dramatik angesetzt werden kann. Die Analyse des logischen Gedankens, wie sie durch unterschiedlichste Denker in der Philosophiegeschichte vorgenommen wurde, dient als Grundlage dafür, eigene essayanalytische Kategorien zu entwickeln, die eine Beschreibung des Gedankenverlaufs als Logik des essayistischen Gedankens ermöglichen sollen.
Im dritten Teil erfolgt eine Verknüpfung von historischem und systematischem Teil und damit eine konkrete Auseinandersetzung mit mehreren prototypischen Essays (von Ugo Ojetti, Luigi Pirandello, Italo Svevo, Giovanni Papini, Emilio Cecchi und Mario Praz), die in den soziohistorischen Kontext eingebettet einen exemplarischen Überblick über die Entwicklung des literarischen Essays im beginnenden zwanzigsten Jahrhundert geben.
Durch die in dieser Arbeit entwickelten Kategorien wird nicht nur ein besserer Weg zur Beschreibung des essayistischen Gedankengangs gewährleistet, sondern auch die Möglichkeit eröffnet, prototypischen Arten essayistischer Schreibweise zu identifizieren, die den kulturkritischen Diskurs des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts maßgeblich geprägt haben.
Albert Göschl ist seit Juli 2015 Universitätsassistent am Institut für Romanistik der Karl Franzens Universität Graz und dort seit 2012 auch Lehrbeauftragter. Das Studium der Romanistik er 2014 an der Karl-Franzens-Universität Graz abgeschlossen. Von 2009 bis 2012 war Albert Göschl Doc-Stipendiat der ÖAW mit dem Dissertationsprojekt „Essay und Essayismus in der italienischen Literatur des 20. Jahrhunderts“.