Lena Sadovski wird für ihre zur Veröffentlichung angenommene Monographie Split. Sozialgeschichte einer Stadt im venezianischen Dalmatien (1480–1530) ausgezeichnet.
Die Dissertation und die darauf basierende Monographie, welche in der Reihe Südosteuropäische Arbeiten im Verlag De Gruyter erscheint, untersucht die Auswirkungen der venezianischen Herrschaft und der osmanischen Bedrohung auf die Gesellschaft der dalmatinischen Stadt Split in einer Übergangszeit zwischen dem venezianisch-osmanischen Krieg von 1463–1479 und der großen Pestwelle von 1526/27. Auf der Grundlage bisher unerforschter Quellen aus den Archiven von Venedig, Zadar, Split und Wien werden in einem ersten Schritt die Stellung Splits innerhalb des venezianischen Stato da Mar sowie Handels- und Migrationsströme und die zirkumadriatischen Vernetzungen der Stadt dargelegt. Dabei wird unter anderem gezeigt, wie die durch ständige kriegerische Handlungen bedrängte Stadt von Getreideimporten abhängig war, wodurch enge Kontakte zu Neuchristen aus Apulien – den Nachkommen von zum Christentum konvertierten Juden – entstanden, die Getreide aus Italien nach Dalmatien brachten und sich ab dem späten 15. Jahrhundert in größerer Zahl in Split niederließen, um den Verfolgungen im Königreich Neapel zu entfliehen. Die Stadt war aber auch eng mit ihrem Umland vernetzt und diente als regionales Zentrum für die Verwaltung, Rechtsprechung und Wirtschaft der umliegenden Gebiete von Poljica, Omiš und Klis. Hierbei spielte die slawisch-italienische bzw. -lateinische Mehrsprachigkeit und der Umgang Venedigs mit der slawischen Sprache eine große Rolle, weswegen anhand zahlreicher Archivquellen die slawische Schriftlichkeit innerhalb der venezianischen Verwaltung aufgearbeitet wird.
In einem zweiten Schritt rekonstruiert das Buch das Alltagsleben der städtischen Gemeinschaften in mikrohistorischer Perspektive. Neben dem Ausmaß und den Auswirkungen der osmanischen Bedrohung, die sich besonders durch Entführungen und Plünderungen ausdrückte, untersucht die Studie die Lebenswelten und Interaktionen der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen (Adelige, Bürgerliche, Kleriker, Frauen) sowie Bruderschaften und Drittordensgemeinschaften. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den sozio-politischen Kämpfen zwischen Adeligen und Bürgerlichen, dem Spannungsfeld zwischen weltlicher und kirchlicher Gerichtsbarkeit sowie den Handlungsräumen von Frauen im Wirtschaftsleben und vor Gericht.
Lena Sadovski hat die Bachelorstudien Geschichte und Romanistik sowie das Masterstudium Globalgeschichte an der Universität Wien abgeschlossen, wofür sie 2018 mit dem Würdigungspreis des Wissenschaftsministeriums ausgezeichnet wurde. Während des Doktoratsstudiums war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien (2019–2023), gefördert durch ein DOC-Stipendium der ÖAW und ein Abschlussstipendium der Universität; die Promotion erfolgte im April 2023. Von Mai bis November 2023 war Lena Sadovski Visiting Researcher am Institute for Area Studies der Universität Leiden. Seit Februar 2024 ist sie mit einem Post-Doc-Track-Stipendium am Institut für die Erforschung der Habsburgermonarchie und des Balkanraumes der ÖAW tätig und beschäftigt sich in ihrem Habilitationsprojekt mit dem Katholizismus in Bulgarien im 17. und 18. Jahrhundert. Sie ist Mitglied der Südosteuropagesellschaft, der Società Dalmata di Storia Patria und der World Philology Union.