Martin Wagendorfer wird für seine Monographie „Die Schrift des Eneas Silvius Piccolomini" ausgezeichnet.
In seinen Forschungen befasst er sich mit der Katalogisierung mittelalterlicher Handschriften aus österreichischen Bibliotheken und Archiven. Mithilfe verschiedener Methoden - so zum Beispiel durch die Bestimmung des Wasserzeichens oder des Einbandes und durch die Lokalisierung und Datierung der Schrift - können die Texte und deren Verfasser identifiziert sowie die Entstehungszeit und der Entstehungsort der Handschrift bestimmt werden. Diese Grundlagenarbeit erschließt wichtige Quellen für die Erforschung der Kultur des Mittelalters, die sich zu einem überwiegenden Teil in schriftlichen Zeugnissen und damit den Handschriften manifestiert.
Den Preis des Böhlau Verlages erhält Martin Wagendorfer für seine Monographie zur Schrift des Eneas Silvius Piccolomini, die als wesentlicher Beitrag zur Piccolomini-Forschung und der Erforschung der humanistischen Schrift gilt. Grundlage dieses Forschungsprojekts sind die eigenhändigen Schriftzeugnisse von Eneas Silvius Piccolomini, einem bedeutenden Humanisten, Schriftsteller und Historiker, der 1458 zum Papst gewählt wurde. Von ihm verfasste Briefe, Konzepte, Klassikerabschriften oder auch Randanmerkungen in Handschriften sind in Archiven und Bibliotheken in ganz Europa erhalten.
Zum einen brachten Martin Wagendorfers Untersuchungen neue Erkenntnisse über das Leben des Gelehrten - so konnten undatierte Briefe und andere Texte aufgrund der genauen Analyse der Veränderungen im Schriftbild neu oder besser eingeordnet werden. Darüber hinaus ist es ihm gelungen, am Beispiel von Veränderungen in der Schreibweise von einzelnen Schriftelementen, wie der ct- oder et-Ligatur, die Übernahme von humanistischen Elementen in eine Individualschrift des 15. Jahrhunderts nachzuweisen.
Martin Wagendorfer, geboren 1973, studierte Geschichte und Klassische Philologie sowie Alte Geschichte und Altertumskunde an der Universität Wien, wo er 2001 auch promovierte. Seine Dissertation wurde mit einem DOC-Stipendium der ÖAW gefördert.
2008 habilitierte sich Martin Wagendorfer für Geschichte des Mittelalters und Historische Hilfswissenschaften an der Universität Wien. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters der ÖAW.