Astrid Mattes wird für ihr Dissertationsprojekt Integrating religion: The roles of religion in Austrian, German and Swiss immigrant integration policies ausgezeichnet.
Religion ist zu einem der bestimmenden Themen des umkämpften Politikfeldes Integration geworden. Obwohl Migration eine zentrale Triebfeder der religiösen Pluralisierung in Europa darstellt, geht die Fokussierung auf Religion in der Integrationspolitik weit über die Anpassung an eine multi-religiöse Landschaft hinaus. Dahinter stehen eine Reihe von politischen Prozessen und Interessen, denen dieses Dissertationsvorhaben nachgeht.
Drei Stränge in der Adressierung von Religion in Integrationspolitiken können aus der wachsenden Literatur zu diesem Thema identifiziert werden: Zum einen wird Religion eine Kategorie zur Benennung von Migrant/innen. Um Religion als Label für die Adressat/innen der Integrationspolitik zu untersuchen wird gefragt, wann, wie und durch welche Akteur/innen Religion zu einem derart zentralen Thema der Integrationspolitik wurde. Zum anderen sehen wir, dass Religion Merkmal kollektiver Identität wird, wenn integrationspolitische Dokumente über gemeinsamen Werten sprechen. Durch die Analyse der Rolle von Religion in solchen Identitätsbezügen wird ein Verständnis für die Konstruktion von In- und Out-Groups durch so genannte Prozesse symbolischer Grenzziehung entwickelt. Neben diesen diskursiven Bezugnahmen wird Religion aber eben auch Teil der integrationspolitischen Maßnahmen. Das passiert über die Einbindung von Religionsgemeinschaften. Neben der Untersuchung von Akteurskonstellationen und Verhandlungsprozessen wird hier die gegenwärtige Fokussierung auf Religion hinterfragt, indem Bedingungen und Zweck dieser Einbindung analysiert werden.
Das Dissertationsprojekt ist als multiple Fallstudie konzeptioniert, bei der drei ähnlich gelagerte Fälle – österreichische, deutsche und schweizerische Integrationspolitiken – untersucht und verglichen werden. Die empirische Studie analysiert Parlamentsdebatten und Policy-Dokumente zum Thema Integration. Zusätzlich werden Expert/innen-Interviews mit Vertreter/innen von Behörden und religiösen Organisationen geführt. Durch eine Kombination qualitativer und quantitativer inhaltsanalytischer Ansätze ist es möglich sowohl einen langen Zeitraum der Policy-Entwicklung abzudecken (1993-2013), als auch ein tiefgehendes Verständnis zu den einzelnen Fällen zu entwickeln. Damit werden drei zentrale Forschungsziele verfolgt: Erstens wird die Bereitstellung systematisch erhobener empirischer Daten zu Religion als Kategorie der Integrationspolitik möglich. Zweitens soll ein Beitrag zur aktuellen Debatte der liberalen Demokratietheorie zu religiösem Pluralismus geleistet werden. Drittens soll aus der theoretischen Reflexion empirischer Ergebnisse heraus praktisch anwendbares Wissen für den politischen Umgang mit religiöser Diversität generiert werden.
Astrid Mattes hat das Masterstudium Politikwissenschaften und Religion an der Universität Wien absolviert (Abschluss 2010 bzw. 2011). Seit 2013 ist sie Universitätsassistentin am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien. Sie ist Mitglied der Forschungsgruppe „INEX: Politics of Inclusion and Exclusion“, die 2008 am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien gegründet wurde. 2012 wurde sie mit dem Vienna University Research Grant ausgezeichnet; 2015 erhielt sie den Short-term Research Grant der Universität Wien.