Claudius Ströhle wird für sein Dissertationsprojekt 'Remittances' als transnationale Praxis der Partizipation zwischen Österreich und der Türkei ausgezeichnet.
In den 1970er-Jahren kamen im Zuge der Arbeitsmigration zwischen der Türkei und Österreich junge Menschen aus der Region Uşak in die ländliche Region des Stubaitals, um in der eisenverarbeitenden Industrie und im Tourismus zu arbeiten. Den erwirtschafteten Lohn teilten sich die Migrant/inn/en mit ihren Familienmitgliedern und Nachbar/inne/n in der Türkei. Dabei sendeten sie nicht nur Remittances in Form von Geldbeträgen nach Usak, vielmehr etablierte sich ein zirkulärer Austausch an Alltagsobjekten, Einrichtungsgegenständen, Geschenken, Essen, aber auch Normen, Wertvorstellungen, sozialem und symbolischem Kapital. So sind die Häuser, die viele der Pioniermigrant/inn/en in Uşak gebaut haben, als zu Beton gewordener Ausdruck von Gewohnheiten, Erwartungen, Träumen und Vorstellungen von Zuhause zu deuten. Als eine Investition für eine Zukunft in der Türkei konzipiert, entsprachen sie jedoch vielfach nicht den Vorstellungen ihrer Kinder, die im Stubaital aufgewachsen sind. Wie sehen diese Häuser aus und wie werden sie genutzt? Was denken die Nachbar/inne/n darüber? Und wer wird die Häuser einmal erben?
Die vorliegende Studie untersucht die Funktionen und Bedeutungen der Remittances-Praktiken von den 1970er-Jahren bis heute. Mittels ethnografischer Methoden, d.h. teilnehmender Beobachtung, Gesprächen, Interviews, Fotografien werden tiefe Einblicke in die Lebenswelten der Forschungspartner/innen gewährt. Dies soll zu einem vielschichtigen Verständnis von Remittances als einer Form von transnationaler Partizipation und Zugehörigkeit führen.
Claudius Ströhle hat 2015 das Masterstudium Europäische Ethnologie an der Universität Innsbruck abgeschlossen. Im September 2016 begann Claudius Ströhle mit dem Doktoratsstudium im Fach Europäische Ethnologie an der Innsbrucker Universität; seit dieser Zeit arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim ebenfalls an diesem Institut durchgeführten Forschungsprojekt „Follow the Money. Remittances as Social Practice“ (Finanzierung: FWF).